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Fußball im Aachener Steinkohlerevier
Hallo,
ich eröffne mal ein Thema, welches mich persönlich schon seit einiger Zeit beschäftigt. Ich komme aus einer Bergmannsfamilie. Mein Vater ist 30 Jahre unter Tage in Merkstein und Alsdorf eingefahren. Er selber war mäßig fußballinteressiert (Länderspiele und Europapokal hat er wohl verfolgt), ich dagegen sehr. Habe zwar nur 8 Jahre aktive Jungendfußballer-Karriere aufzuweisen, dafür ein Vielfaches an besuchten Spielen ;-). Ich gehe seit dem 13. Lebensjahr zum Tivoli. Bergbau und Fußball waren für mich also immer irgendwie präsent, auch wenn ich an die Spiele damals auf den Plätzen in Alsdorf, Würselen, Bardenberg, Merkstein und Baesweiler denke. Aachen hatte ja immer das Steinkohlerevier vor der Haustüre. Warum gab es keine wirkliche Bindung des Bergbaus zur Alemannia, wie es im Ruhrgebiet der Fall ist? Luftlinie alter Tivoli zum ersten Schacht in Kohlscheid oder Würselen ist ja nun mal überschaubar. Der Bergbau war damals (denke ich) der wichtigste Arbeitgeber in der Region. Liegt es daran, dass Aachen selber nicht auf Kohle liegt? Hatte Aachen als Studentenstadt mehr den intellektuellen Ruf? Weil Alemannia von Oberschülern gegründet wurde (AD 1900 üblich)? War das einer der Gründe, warum Rhenania Würselen in den 30ern so stark war, „weil dort die Arbeiter hingingen“? Hat Alemannia sich abgegrenzt? Auch im Bekanntenkreis meines Vaters gab es niemanden mit Bezug zur Alemannia. Roda (bzw. Kaalheide) liegt direkt auf Kohle, dort ist dieser Bezug vorhanden. Leider ist mein Vater verstorben, und ich kann ihn nicht dazu fragen (fraglich auch, ob es ihn interessiert hätte ;-) ). Vielleicht hat ja jemand irgendetwas beizutragen oder jemanden im Familienkreis, der mir ein wenig Geschichtsverständnis zu erlangen hilft. Gerne auch über den Fußball im Nordkreis/Aachener Steinkohlerevier im Allgemeinen. Auch wenn es die Nostalgie „schön“-schreibt: Auf Asche bei Rot-Weiß Alsdorf im Hinterhof im Zeichen der Fördertürme (und der Kokerei in der Nase) oder in Neuweiler mit Grubenschäden auf dem Platz hatte schon was ;-). |
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#2
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Ich kann dir nicht weiter helfen. Aber der Thread hat mit Alemannia und mit Fussball zu tun. Warum lässt du ihn hier im off topic versauern ? Verschiebe ihn in den Fanbereich, dann bekommst zu mit ziemlicher Sicherheit, zufriedenstellende Antworten.
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Unser Platzwart hatte im Suff, zwölf statt elf Meter abgemessen! Ich hätte ihn erwürgen können ! |
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Sancho (31.01.2012) |
#3
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Zitat:
Die Alemannia wurde von Schülern des KKG, der Oberrealschule und des Realgymnasiums gegründet, ist damit eher in bürgerlichen Kreisen einzuordnen und war meines Wissens nie ein Arbeiterverein - im Gegensatz zB zu Borussia Dortmund, Schalke 04 und dem Meidericher SV, die alle von Bergleuten gegründet wurden. Die Vereine aus den umliegenden Kohlegebieten waren bis in die 1950er auch relativ erfolgreich (zB Rhenania Würselen und Düren 99, beide in der zweithöchsten Spielklasse), was wohl auch dazu beigetragen hat, dass man sich nicht an der Alemannia, sondern an der direkten Umgebung orientiert hat. Inwiefern Rhenania Würselen und Düren 99 aber Arbeitervereine sind und ob da eine stärkere Bindung an den Kohleabbau bestand kann ich dir nicht sagen. Soweit ich weiß, wurden die umliegenden Gebiete erst 1972 dem Kreis Aachen zugeführt, haben sich vorher also wohl eine gewisse Autonomie bewahrt, die sich vielleicht auch im bewussten Ablehnen der 'Großstädter' widergespiegelt hat. Zwar wird die Hüttenkunde immer wieder als Wirtschaftsfaktor erwähnt, aber generell hat die Stadt Aachen meines Wissens kaum eine sozio-kulturelle Bindung an die umliegenden Kohlegebiete, sondern war in der Zeit von der Industrialisierung bis zum frühen 20. JH (in der die meisten Vereine gegründet wurden) von der Textil- und Nadelindustrie geprägt. Als direkte Verbindung fällt mir nur das 'Haus der Kohle' aus den 60er (?) Jahren ein. Die Infos sind aber nur mal so 'auf die Schnelle' rausgesucht und eher eine Vermutung. Gruß.
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Aachen till I die. |
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Sancho (31.01.2012) |
#4
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Ich habe mal ein wenig in Chroniken gestöbert. Ich fand's kurzweilig ;-).
Vereine mit Bergbau-Hintergrund: http://www.fv-eschweiler.de/der-verein/geschichte/ http://www.sparta-wuerselen.de/geschichte.htm http://www.bildhauer-uebach.de/asset..._Neuweiler.PDF http://www.spvggstrass.de/der-verein/vereins-chronik/ http://www.ga-ofden.de/ http://www.sc-rot-weiss-alsdorf.de/23.html http://www.vfl-senioren.de/main/inde...on=vflLocation http://www.vfruebach-fussball.de/start.htm http://www.borussia-hueckelhoven.de/start.htm (teilweise sind Startseiten verlinkt, fast überall findet sich aber im Menü eine Chronik) Ich habe noch andere "im Verdacht" ;-). Vielleicht versuche ich mal an Festschriften und gedruckte Chroniken zu kommen. Schöne Chronik ohne Bergbaubezug: http://www.rhenania-wuerselen.com/geschichte.htm Bewegte Geschichte: http://de.wikipedia.org/wiki/Eschwei...rtgemeinschaft Interessante Bergbau-Seite: http://www.alsdorf-online.de/geschichte/ (Thema 08. Wirtschaft) Ich denke, Kreis und Stadt waren damals zu unterschiedlich, um Leute aus diesem Umfeld in die Stadt zum Fußball zu ziehen. |
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#5
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Zitat:
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#6
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Bekanntester Alsdorfer Spieler war damals Ella Nacken bei der Alemannia. Nacken war maßgeblich am Einzug ins Pokalfinale beteiligt, sein Tor gegen Schalke wird mir immer im Gedächtnis bleiben. Franz-Josef Nacken kam von Viktoria, dem ehemaligen ASV. Kellersberg hieß zunächst nämlich Viktoria, nach einer kurzfristigen Fusion der Clubs behielt der ASV den Namen dann. Später spielte dann Torsten Frings ja bei uns, der von Rot-Weiß kam und dessen Werdegang jeder kennt. Mir ist immer aufgefallen, dass Jungs aus Arbeiterfamilien wie die oben genannten nur schwer den Weg zum Tivoli fanden. Unserer Alemannia wehte immer so ein wenig die arrogante Städterfahne voran. daran ändern auch Bergstein, Glenski, Krott und andere nichts, die ja aus der Region kamen - Bergarbeiterregionen bringen fast klassisch Fußballtalente en masse hervor - davon gab und gibt es bei uns immer noch zu wenig. Lehnhoff, Azzouzi sind nur Spontanbeispiele, die mir einfallen und die den Weg zum Tivoli nicht fanden. Ich selber habe der Alemannia mal in einem Anflug von Wahnsinn einen Jungen aus der ersten Mannschaft von Rot-Weiß empfohlen (Linksaußen, damals gerade 18) - schriftlich versteht sich - die Alemannia hat nicht mal geantwortet. Es verwundert nicht, dass es im Vereinslied von Rot-Weiß damals so etwa hieß: "Hinter den Bergen vom Wilhelmschacht, da spielt Rot-Weiß, ein jeder weiß, das ist unser Fußballclub." Ein paar Zeilen weiter dann das Unglaubliche: "...Borussia M******gladbach könnt´uns gefallen..." Ich hab mich geschämt, als ich das als lebenslanger Schwarz-Gelber gehört habe..
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Sancho (12.02.2012) |
#7
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Das Thema hat mich auch schon des Öfteren beschäftigt. Folgende Meinung hat sich in mir gebildet:
Alemannia Aachen hat nie Bezug zum Bergbau gehabt oder gesucht. Im Gegenteil, der Club hatte im „Revier“ ein übles image. Bestehend aus Arroganz, Ignoranz und Möchtegern Großclub. Eigentlich umso erstaunlicher, dass sich eine ganze Reihe Fans in den 70ern und 80ern aus den Bergbau-Kreisstädten rekrutierten, wohl der Tatsache geschuldet, dass die richtigen Bergbauclubs des Profifußballs zu weit weg waren. Und Alemannia hatte das Glück, dass nebenan weder Gladbach noch Köln einen Bezug zum Bergbau und seiner Tradition und Bodenständigkeit hatten. Ich selber wurde ab den späten 70ern als Kind zum Fan und sah lange in dem Club etwas, was ich sehen wollte, was den Realitäten aber nicht entsprach. Zum Beispiel stand Alemannia für mich nie in Konkurrenz zu Gladbach oder Köln. Das waren gestandene Erstligaclubs, die im Europapokal spielten und um die deutsche Meisterschaft. Alemannia war dagegen für mich der Zweitliga Club. Einer, der zwischen den Dorfmannschaften und dem richtig großen Fußball positioniert war. Ich ging oft Freitags abends zum Tivoli und fuhr Samstags kurzentschlossen mit zum Bökelberg oder nach Müngersdorf, in den 90ern sehr oft nach Dortmund. Ich war immer Alemannia Fan, hab dafür verbal im Dorf auch immer was auf die Mütze bekommen, war dabei aber immer ein bißchen stolz auf ein gewisses understatement. Dass viele Mitarbeiter, Sponsoren und Sonstige von Alemannia von einem understatement noch nie was gehört hatten und sich eher für den Nabel des Grenzlands hielten, verdrängte ich dabei geflissentlich. Gleichzeitig waren die Spiele in meiner Jugend gegen Alemannia schlachtenreife Duelle, die durch übergroße Aggressivität geprägt waren. In meiner Zeit der B-Jugend versuchte Alemannia damals die gesamte Kreisauswahl zu locken. Ich kann mich allerdings an keinen Spieler aus Alsdorf erinnern der dorthin wechselte. Zumindest aus Hoengen-Mariadorf war sicher keiner dabei. Da ging man nach Leverkusen, Köln oder Gladbach trainieren. Ein einziger aus meinem Jahrgang ( eins drüber, eins drunter) wechselte als junger Seniorenspieler zur Alemannia zu den Amas. Bei der vorherigen Generation, die in den 60ern, 70ern und Anfang der 80er selber in den Seniorabteilungen unterwegs waren war Alemannia zumindest im Bereich Hoengen-Mariadorf fast schon verhaßt ( es gab allerdings auch eine handvoll, die eine Weile einen Profivertrag bei Alemannia besaßen. Gut über ihre Zeit dort redete aber kaum jemand). Alemannia fuhr immer eher die Schiene des Nase rümpfens übers gemeine Proletariat des Kreises. Da machte man eigentlich alles falsch, was man falsch machen konnte. Ein Resultat des Klüngels und Pöstchengeschiebe, wie auch der fehlerhaften Annahme Aachen sei eine Großstadt, denke ich. Regelrechte Inzuchtverhältnisse. Erst unter Sawalies und Fuchs und die angeschobenen Kooperationen mit den Vereinen im Kreis, verbesserte sich das Ansehen des Clubs. Dann kam die Zeit unter Hach und Krings, in der Spieler aus der eigenen Jugend reihenweise gefördert wurden (vor allem um die „richtigen“ Spielerberater zu erwählen). Anschließend Schmadtke, Berger, Hecking und verstärkte Professionalisierung. Damit verlor der Club zunehmend das vorhin beschriebene image. Gleichzeitig ist nun der Bergabau, wie auch die klassische Arbeiterklasse auf der Müllhalde der Zeit gelandet und auch der klassische Arbeiterclub (wie beispielsweise Schalke) in Strukturen, Gehältern und Geschäftspraktiken nicht mehr von den vormals bösen Bayern oder Hamburgern zu trennen. Der Weg der Alemannia, mit dem nun auch durch die neue Satzung vermehrten Abbau von Geklüngel, aber auch der Annahme des mainstream in Vermarktung und öffentlicher Darstellung ist mit dem Einheitsbrei Profifußball vermischt, wie auch die Städte im Kreis ihr eigenes Gesicht zunehmend verlieren und somit wird künftig eine größere Nähe zu den Städten im Nordkreis entstehen, die lediglich vom sportlichen Erfolg abhängt. Wird Gladbach zum Beispiel noch ein paar Jahre auf dem derzeitigen Niveau spielen, wandert das Gros seelisch Richtung Nordpark ab. Da hat Alemannia nur eine Chance, wenn sie sich aus der Maße abheben würde und für die Menschen auch außerhalb des sportlichen Erfolgs etwas seelisches bieten würde. Die Chancen kann die derzeitige Geschäftsführung und der ihr unterstellten Marketingdirektoren, wie auch manche andere Abteilungsleiter aber nicht wahrnehmen, da sie das alles nicht verstehen, es läßt sich schließlich nicht direkt in Umsatzzahlen messen. So sehe ich mit meinen Nordkreiswurzeln die Dinge. Geändert von Heya Alemannia (13.02.2012 um 19:14 Uhr) |
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