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Alt 28.03.2021, 16:47
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Harvey Specter Harvey Specter ist offline
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Ich möchte noch einmal auf die komischen Planungen des Vorstandes bzgl. der Satzungsänderung kommen.

Eigentlich ist es doch sehr einfach. Zur Mitgliederversammlung 2017 gab es den berechtigten Antrag von Vereinsmitgliedern, dass die Satzung mittels einer paritätischen Satzungskommission geändert werden sollte. Entsprechend wurde ein Beschluss vorbereitet, der nach meiner Kenntnis nicht von den Antragstellern stammte, sondern vermutlich von dem Übergangsvorstand und/oder dem absehbar neuen Vorstand erstellt wurde. Dieser Beschluss wurde dann von den Mitgliedern abgesegnet.

Insofern bleibt es doch einfach. Einfach mal den Beschluss rausholen und abarbeiten!

Es erscheint aber befremdlich, dass dies nicht ganz so einfach ist, denn bei der Google-Suche mit der Suchanfrage
protokoll pdf site:alemannia-aachen.de
werden viele Protokolle von Versammlungen angeboten. Ich kann das Protokoll für 2017 aber irgendwie derzeit nicht finden. Komisch! Ist mir aber auch egal, da ich die Datei damals gespeichert hatte.

Auszug aus dem Protokoll der Mitgliederversammlung vom 05.09.2017:
Zitat:
[...]
Die Jahreshauptversammlung beschließt die Einrichtung einer paritätischen Satzungskommission aus Vertretern der Gremien und der Mitgliedschaft der Alemannia. Der Vorstand hat diese Satzungskommission von maximal acht Mitgliedern nach Benennung von je einer Person durch die Gremien Präsidium, Verwaltungsrat, Wahlausschuss, Ehrenrat und unter Berücksichtigung von vier Verschlägen aus der Mitgliedschaft zu berufen. Es ist Aufgabe der Satzungskommission, Vorschläge für eine Änderung der bestehenden Satzung spätestens zur Vorlage an die Jahreshauptversammlung 2019 zu erarbeiten und dem Vorstand vorzulegen. Der Vorstand leistet die Änderungsvorschläge vorab den Gremien des Vereins zu, holt deren Stellungnahme ein und leitet die Vorschläge einschließlich der Stellungnahme der Gremien und eine eigene Stellungnahme der Jahreshauptversammlung zur Beschlussfassung zu.
[...]
Insofern ist die Vorgehensweise und deren Prüfung klar und simpel:
1 Auswahl von Satzungskommissionsmitglieder [Check]
2 Berufung der Satzungskommission durch der Vorstand [Check]
3 Erarbeitung von Vorschlägen durch die Satzungskommission [Check]
4 Vorlage des Ergebnisses der Satzungskommission an den Vorstand [Check]
5 Weiterleitung der Änderungsvorschläge von Vorstand an Gremien [Check]
6 Rückmeldung der Stellungnahmen der Gremien an den Vorstand [vermutlich?]
7 Vorstand leitet die Vorschläge mit den Stellungnahmen der Gremien (inkl. die des Vorstandes) an die Jahreshauptversammlung zur Beschlussfassung [ausstehend]

Wo ist das Problem? Die Vorgabe ist eindeutig. Es erschließt sich mir überhaupt nicht, wieso der Vorstand von dem Beschluss der Mitgliederversammlung meint abweichen zu müssen. Dürfte er dies eigentlich so einfach?

Das Standardwerk „Handbuch Vereins- und Verbandsrecht“ gibt ziemlich interessante und deutliche Hinweise für den Umgang mit Beschlüssen:

Zitat:
„Nach Auffassung des BGH ist der Beschluss ein nicht rechtsgeschäftlicher Gesamt- oder Sozialakt der körperschaftlichen Willensbildung durch Mehrheitsentscheid. In der Literatur überwiegt die Auffassung, der Beschluss der Mitglieder einer Körperschaft sei ein mehrseitiges Rechtsgeschäftlich eigener Art, das durch die Willenserklärungen der Mitglieder gegenüber dem Verein, vertreten durch den Versammlungsleiter, zustande kommt.“

„Es besteht der Grundsatz, dass ein nicht befristeter oder bedingter Beschluss der Mitgliederversammlung, der keiner Zustimmung, Ausführung oder keiner Eintragung im Vereinsregister mit konstitutiver Wirkung bedarf, sofort mit seinem Entstehen, also mit der Bekanntgabe der Stimmauswertung wirksam wird, sofern er gültig zu Stande gekommen ist. Wirksamkeit bedeutet, dass der Beschluss als Entscheidung verbindliche Kraft hat und die Wirkungen äußert, die er seinem Inhalt nach herbeizuführen geeignet und bestimmt ist.“

„Die Mitgliederversammlung ist das oberste Willensbildungsorgan, dem grundsätzlich kein anderes Vereinsorgan übergeordnet sein und demgemäß die Entscheidung der Mitgliederversammlung korrigieren kann.“
Also, für mich ist die Sache, auch als Rechtslaie, eigentlich klar. Der Vorstand hat die Vorgaben für die Satzungsänderung selbst definiert. Die Mitgliederversammlung hat dies so beschlossen. Somit ist der Vorstand an dieses Beschluss gebunden und hat ihn entsprechend der Vorgabe eins zu eins umzusetzen. Eigene Vorstellungen scheinen hier fehl am Platze, denn wer will sich schon gegen die „verbindliche Kraft“ des „obersten Willensbildungsorgan“ stellen?

Der Verwaltungsrat und auch die Vorstandsmitglieder, die gedenken sich nochmals wählen zu lassen, sollten diesen Aspekt prüfen. Für eine Duldung der bisherigen Absichten des Vorstandes sehe ich hier direkt eigentlich keinen Raum. Dazu sind die o.a. fachlichen Hinweise zu knackig und eindeutig („kein anderes Vereinsorgan übergeordnet“!), oder?
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"Nach dem Skandal ist hier immer vor dem Skandal", sagt Christoph Pauli, der als Sportchef der Aachener Zeitung in den letzten Jahren etliche davon hat aufschreiben müssen. [DIE ZEIT No. 06/2004 v. 29.01.2004]
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