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Alt 03.09.2016, 22:38
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Zitat:
Zitat von Franz Wirtz Beitrag anzeigen
Mein größtes Problem dabei ist, dass ich seit 30 Jahren schon kein Alemannia-Spiel mehr im heimischen (alten) Tivoli mehr gesehen habe. (...) Trotz dermaßen vieler guten Begleitumstände und des tollen Spielverlaufs war ich von der merkwürdig aggressiven Grundstimmung auf einzelnen Rängen nicht begeistert. Weder die gegnerische Mannschaft, noch deren Anhang, lieferten einen Grund für irgendwelche Feindseligkeiten.
(...)
Wie bereits erwähnt hatte mich bereits bei meinem ersten Besuch die völlig unverständliche, latent vorhandene Krawall-Atmosphäre abgestoßen, (...)
Kann und will die Alemannia sich ein neues modernes Image aneignen, sollte auch das Erscheinungsbild vergangener Tage kritisch begutachtet werden. Erschwerend hinzu kommt noch, dass man sich auch heute noch (allzu) gerne daran erinnert, dass man mangels spielerischer Mittel gerne mal „die Axt 'rausholte“, sprich eher die kämpferische Note suchte. (...)
Die kämpferische Note als bevorzugtes Stilmittel zu betonen ist selbstverständlich in Ordnung, stellt aber andererseits eine ständige Gratwanderung dar und wird spätestens dann fragwürdig, wenn es als wichtigstes Kennzeichen einer Mannschaft überhöht wird.
(...)
Um das Stadion dauerhaft voll zu bekommen müssen sich auch „normale“ Kinder, Jugendliche, Familien und Senioren wohlfühlen dürfen, die wahren Fußballkenner alten Schlages sind zahlenmäßig eine zu kleine Gruppe, um sich dauerhaft auf sie zu beschränken. (...) Die reinen Fußballkenner sind ein kritisches Volk, stimmt die Leistung kommen sie, fällt die Leistung ab, bleiben sie zunehmend weg. Es wäre ein Riesenfortschritt, und das muss das Ziel sein, gelänge es, eine Publikumsstruktur aufzubauen die unabhängig vom Tabellenstand ihre Mannschaft anfeuern möchte und vorrangig das Gemeinschaftserlebnis sucht.
(...)
In der aktuellen Lage müssen massenhaft Zuschauer ins Stadion gelockt werden, dass bislang präsentierte Angebot und das gebotene Preis- Leistungsverhältnis reichen dazu aber nicht aus. (...) Neben der eigentlichen Fußballveranstaltung muss es ein kleines aber attraktives Familienprogramm geben, um gleichermaßen alle Altersklassen aktiv anzusprechen.
(...) Die Zeiten ändern sich und ich bin der Meinung, dass das „Erlebnis Heimspiel“ derart attraktiv gestaltet werden kann und muss, dass jedes Heimspiel innerhalb der Saison ausverkauft ist. Um eine derart ehrgeizige Zielvorgabe zu erreichen, muss das Angebot natürlich auf ein breites Publikum ausgerichtet werden. (...)
Neben dem Kern des Fußballspiels muss, angefangen von einer wirklich attraktiven Preisgestaltung, das Catering in allen unterschiedlichen Kategorien außergewöhnlich gut sein, besonders im unteren Bereich müssen absolute Tiefstpreise oberstes Gebot sein.
(...) Neues Gemeinschaftsgefühl - mehr als „nur“ Fußball - das 14-tägige Treffen muss zu einer unverzichtbaren Kult-Veranstaltung mit Suchtcharakter werden - alle Zuschauer sollten aktiver Teil eines großen Spektakels sein. (...)
Mit der Masse kommen zwangsläufig auch Sponsoren. Statt sich in endlosen Selbstzweifeln und unglaubwürdigen Demutsübungen zu verlieren, ist ein ausverkauftes Haus immer noch die beste Eigenwerbung.
Mein lieber Franz Wirtz, ich habe im Quote mal versucht, Deine Kernaussagen herauszudestillieren. Ich bin mir nicht sicher, ob wir nach derselben "Kultveranstaltung mit Suchtcharakter" streben.

Ohne jetzt die alte Debatte um "echte" vs. "Modefans" wieder herauszukramen: Was Du hier in aller Rationalität skizzierst, erinnert mich eher an Football-Veranstaltungen in den USA (oder an RedBull Leipzig). Das Rahmenprogramm muss stimmen, friedliche Massen schauen mehr oder weniger interessiert auch mal auf das Geschehen auf dem Rasen. Wichtiger aber sind billiges Popcorn und Burger sowie die Wotax-Hüpfburg, und Robert springt in der HZ durch den AM-Feuerreifen und präsentiert dabei die Ergebnisse ... Sorry, ich vereinfache stark und werde Dir sicher nicht gerecht.

Das Missverständnis liegt wohl im Konflikt zwischen Ratio und Kult.

Unsere Alemannia ist und bleibt ein Kultclub, egal in welcher Liga. Das ist unser Selbstverständnis, ist aber natürlich auch in modernen Zeiten ein Kern des Problems. Viele hängen am Verein, weil er jahrzehntelang genau das geliefert hat und an guten Tagen auch heute liefert, was Du als eher unangenehm empfindest: ein grelliger Underdog, bei dem Fußball gearbeitet wird; der die Gegner respektiert, aber mit (fast) allen Mitteln bekämpft; der ein großes Herz hat und ungerechte Behandlung, Schauspielertum und Arroganz verachtet; der für viele Heimat ist. Denn es treffen sich der Fränz und auch der Jupp, der Öcher Krau und auch die haute volée. Das hat uns immer stark gemacht, und dieser Mythos wird nicht sterben.

Ja, es klingt altbacken und traditionell, aber im Prinzip ist es ganz einfach: Wenn auf dem Rasen die Leistung stimmt, das Klima im Verein OK ist, das Band zwischen uns auf den Rängen und denen mit dem Adler auf der Brust ganz fest ist, hauchen wir auch unserem wunderschönen Stadion endlich das Leben ein, das es verdient, und die Hütte ist voll. Ganz einfach. Das große Spektakel, das Du beschwörst, findet dann zwischen den beiden Toren statt, und sonst nirgendwo.

Und ich finde, dass der eingeschlagene Weg nicht der schlechteste ist. Und dabei habe ich noch gar nichts über Investoren gesagt...
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Schwarz-Gelbsucht (05.09.2016)