Einzelnen Beitrag anzeigen
  #48  
Alt 07.01.2015, 02:18
Benutzerbild von Aix Trawurst
Aix Trawurst Aix Trawurst ist offline
Foren-Legende
 
Registriert seit: 01.08.2007
Beiträge: 8.713
Abgegebene Danke: 5.204
Erhielt 5.533 Danke für 2.279 Beiträge
@ Printendeuvel und all die anderen, die das Thema weiterhin noch interessiert:

Vorab: Oh werde mich wohl sicherlich in einigem wass ich schreibe woederholen, aber ich versuche es halbwegs knapp zu halten und meine Argumente zusammen zu fassen. Aber die Thematik ist leider recht kompliziert.

Auch wenn ich vom Mittel des Mindestlohn nicht viel halte bin ich dennoch wie gesagt auch nicht grundlegend und prinzipiell komplett gegen einen Mindestlohn überhaupt, sondern gegen den Mindestlohn so wie er in Deutschland eingeführt wurde. - Das ist ein entscheidender Unterschied.
Es gibt durchaus Länder und Wirtschaftsräume in denen ich einen Mindestlohn für sinnvoll oder sogar durchaus auch für notwendig halte, aber Deutschland und auch die meisten Nachbarländer( mit oder ohne Mindestlohn) gehören in Meinen Augen definitiv nicht dazu.

Ich bin aber genau so der Meinung wie Du und wohl auch die Mehrheit hier, dass den Geringverdienern letzlich etwas zu wenig in der monatlichen Kasse bleibt. Das sollte mehr sein und auch ich finde es sehr bedenklich dass die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinander geht.

ABER - ich halte den Mindestlohn für den völlig verkehrten Ansatz, um diese Probleme in punkto soziale Gerechtigkeit hier in Deutschland zu lösen!

1. zum Thema Ausbeutung von Arbeitnehmern:
Anders als in anderen Ländern sind die Lohnniveaus zumindest im internationalen Vergleich in Deutschland meist vergleichsweise relativ hoch und nunmal nicht relativ niedrig auch im Niedriglohnbereich. (auch wenn es vorkommt, dass es da Ausnahmen gibt und es auch Fälle von ausbeuterisch niedrigen Löhnen gibt, keine Frage).
(Der internationale Vergleich ist hierbei auch nur deshalb von mir erwähnt weil Arbeitsplätze und Löhne hier oftmals auch in internationalem, Wettbewerb und Konkurrenz stehen und deutschland nicht allein betrachtet werden kann. Auch durch Gastarbeiter die zeitweise hier in Deutschland arbeiten und die meist bereit sind (und auch in der Lage) zu billigeren Löhnen als deutsche Arbeitnehmer.)
Des Weiteren gab und gibt es hier in Deutschland durchaus auch sehr gut funktionierende rechtliche Mittel und Gesetze mit denen sich Arbeitnehmer gegen ausbeuterisch niedrige Löhne wehren können, Stichwort: Sittenwidrigkeit und Tarifverträge Gerektschaften Streikrecht etc.
Ein Mindestlohn ist also keineswegs unbedingt zwingend notwendig um Ausbeuterisch nniedrige Löhne wirksam zu verhindern.

2. Wenn ein Staat massiv in die Freiheiten von seinen Bürgern eingreift, sei es bei Themen wie beispielsweise dem Wehrdienst oder Zivildienst aber auch beim Geld was Bürger an Sbgaben zu leisten haben, dann muss er dafür auch triftige und berechtigte Gründe haben um dies zu tun. Das ist sicherlich meisstens der Fall, aber nicht immer in der Art und Weise oder im Ausmaß/ im Umfang wie es stattfindet gegeben.
Und ein Mindestlohn von 8,50€ ist nunmal ein ausgesprochen massiver Eingriff in die Freiheit der Bürger. Vorwiegend natürlich ein Eingriff in die Freiheiten der Arbeitgeber, aber durchaus auch in die Freiheiten der Arbeitnehmer ihre eigene Arbeitskraft günstiger anzubieten als Konkurrenten um auf diese Weise wettbewerbsfähiger zu werden.
Aus dem Grund halte ich eine midnestlohn auch nur dann für gerechtfertigt wenn er Löhne unterbindet die Ausbeuterisch niedrig sind, welche an die Grenzen der Sittenwiedrigkeit kommen.
Wie man das genau definieren mag und könnte lasse ich hierbei mal bewusst offen. Das wäre wohl ein weitere Roman für sich und ich würde mich bei dem Versuch vermutlich wohl eh nur im Kreis drehen.
Jedenfalls gibt es aber dafür um aubeuterisch niedrige Löhne zu verhinder auch andere rechtliche Mittel mit (weitgehend oder sogar gänzlich) gleicher Wirkung und Effektivität (nichts elten sogar deutlich besser und effektiver- Stichwort Tarifverträge) wie ein gesetzlich festgeschriebener Mindestlohn es hat. (Beispiele dafür siehe oben.)

3. Um nun bei Deinen Zahlen zu bleiben:
Wenn jemand sehr sehr wenig Geld verdient oder zur Verfügung hat, so dass er sich finanziel an oder in unmittelbarer Nähe der Grenze zur Existenzsicherung bewegt, dann ist es in meinen Augen auch nicht in Ordnung, wenn der Staat solchen Geringverdienern vom Lohn hohe Steuern abnimmt. Solche Bürger sind finanziell nicht Leistungsfähig genug, als dass sie voll umfänglich oder in größerem Ausmaß Altersvorsorge, oder Krankenvorsorge für sich betreiben können oder sich in erhebnlichem Maße an der finanzierung der Staats- Länder- und Kommunalhaushalte beteiligen können. In solchen Fällen müssen finanziell schwache stärker entlastet und finanziell leistungsfähigere stärker herangezogen werden. (natürlich alles in angemessenem Rahmen - auf deren genauere Definition ich hier auch mal bewusst verzichte, weil man auch da sehr unterschiedliche Auffassungen haben kann.)

Wenn wir nun Deine früheren Zahlen zum Beispiel Vollzeitarbeit mit Mindestlohn mal Beispielsweise heranziehen, dann sehen wir, dass von rund 1200€ etwa ein Viertel davon zusammengenommen an Abgaben für Altervorsorge Gesundheitsvorsorge und Steuerabgaben fällig werden.
Wenn man mal ungefähr 800€ Euro Existenzminimum annimt dann ist die Abgabenlast in dem Beispiel eindeutig zu hoch, denn trotz Vollzeitarbeit bleibt so gut wie nichts über die Existenzsicherung hinausgehende an Wohlstand übrig. Und der Anreiz für solch einen Lohn zu Schuften wird dann demensprechend gering, wenn man die Existenzsicherung als Arbeitsloser auch so bekommt ohne etwas dafür tun zu müssen.

Es sollte zumindest hier in Deutschland auch fraglos so sein, dass jemand der Vollzeit arbeitet auch genug hat um sich ein angemessenes Leben zu leisten - meinetwegen auch auf durchaus bescheidenem Niveau - aber mit gewissen Freiheiten und finanziellen Freiräumen, die über die arbeitslosen zugestandene als reine Grundsicherung/Existenzsicherung hinausgehen.

Wenn der Staat Leuten die zum Mindestlohn und in einem Vollzeitjob arbeiten aber direkt rund ein Viertel an Abgaben aus der Tasche zieht, dann stimmt da etwas nicht!
(Und mit dem Unterschied zwischen Brutto und Nettolohn ist es bei weitem noch nicht getan, dazu kommen ja noch die Mehrwertsteuersätze bei jedem Einkauf, die auch jeder Konsument darüber hinaus noch leistet. Das sind - gerade bei allem was Luxus und Wohlstandskonsum darstellt und nicht etwa Lebensmittel u.ä. betrifft - nicht selten auch nochmal 19%)

Wer sich als Arbeitnehmer finanziell in Nähe des Existenzminimums bewegt muss entsprechend finanziell auch von Leistungen zu Krankenvorsorge Altersvorsorge entlastet werden. Zumindest teilweise. Und Steuerabgaben kann man schon gar nicht verlangen wenn jemand zu einem Lohn arbeiten geht der als Untergrenze definiert wurde unterhalb dessen die Schwelle zur Ausbeutung angeblich rechtlich ja klar und eindeutig unterschritten sein soll. (Denn nur auf solche Weise lässt sich ein Mindestlohn auch tatsächlich auf sinnvolle Weise rechtfertigen, nämlich dem notwendigen Schutz vor Ausbeutung von Arbeitnehmern. - Wenn aber Steuern auf solch einen Lohn fällig werden, dann kann diese Rechtfertigung prinzipiell so nicht mehr gegeben sein! In dem Fall bleibt dann nur noch die sekundäre Rechtfertigung, dass auf diese Weise die Finanzierung von Sozialleistungen und Staatsaufgaben zu gewährleisten und zu schützen ist. Was aber in Deutschland derzeit aus zahlreichen anderen Gründen so auch kaum gelten gelassen werden kann. Da in dem Fall erst noch die Staatsausgaben gesenkt werden müssten und vor allem sinnvoller eingesetzt werden müssten als es derzeit der Fall ist. Die Steuereinnahmen sind steigen schließlich seit Jahrzehnten imemr weiter an, nur die Ausgaben stiegen meist leider noch schneller. Und Krankenkassen und Rentenkassen haben zuletzt auch nicht selten gewisse Rücklagen bilden können, und dass muss so prinzipiell auch nicht unbedingt gerade zu Lasten von Geringverdienern geschehen.)

Der Deutsche Sozialstaat steht ja momentan insgesamt relativ gut da.

Fortsetzung folgt:...
__________________
Spielt am Sonntag unser Fußballklub...
Mit Zitat antworten