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Alt 20.12.2016, 07:21
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Zitat von tivolino Beitrag anzeigen
Nichts für ungut, aber du musst schon ein bisschen mitdenken. Ich behaupte nach wie vor, dass den Spekulanten an einem sofortigen oder sehr schnellen Aufstieg in die 3. Liga allein auf 49,9-Prozent/4-Millionen-Basis (also ohne 50+1-Wegfall und ohne 80-Prozent-Option) nicht gelegen sein kann. Denn würde das passieren, dann hätten sowohl Kölmel als auch Meise ein paar fette Probleme am Sack.

Zunächst Kölmel: Anders als in der RL, wo Kölmel in aller Ruhe abwarten kann, was in Sachen 50+1 passiert, beginnt in Liga 3 seine Uhr abzulaufen. Jede Saison, in der wir in Liga 3 verharren, lässt seine ersehnten TV-Erlöse in Liga 2 weiter zusammenschmelzen.
Deshalb muss er erst ab Liga 3 - aber nicht schon in der RL - tatsächlich ein handfestes Interesse daran entwickeln, uns möglichst schnell noch eine Liga höher zu bringen. Er kann aber nicht davon ausgehen, dass das von selber auf Anhieb klappt. Um die Sache zu beschleunigen und um uns überhaupt erst zeitnah zweitligatauglich zu machen, würde also aller Voraussicht nach weiteres Investorengeld gebraucht. Die ersten vier Millionen sind ja längst weg.
Aber woher nehmen, wenn er nicht selber investieren will oder kann? Vermutlich wird er zu Meise oder einem anderen Investor laufen. Doch was kann er ihnen anbieten? Worin sollten die Investoren nun überhaupt noch investieren? In zusätzliche Anteile? Geht nicht, denn 49,9 Prozent hat man ja schon, und mehr ist wegen 50+1 nicht drin. Kölmel würde wohl oder übel selber nochmals tief in die Tasche greifen müssen.

Nun zu Meise: Ihm würde nach einem schnellen Aufstieg ein 50-minus-1-Anteil an einer GmbH gehören, die wirtschaftlich zwar im günstigsten Falle halbwegs gesund ist, die aber auch in Liga 3 wohl keine nennenswerten Gewinne abwerfen wird. Und würde sie doch ein paar kleine Gewinne abwerfen, dann müsste er sie sich mit dem anderen Gesellschafter teilen - wenn der Mehrheitsgesellschafter denn überhaupt an einer Gewinnausschüttung interessiert wäre. Seine halbe GmbH gewinnbringend weiterzuverkaufen, dürfte ebenfalls schwierig werden. Denn wer kauft schon einen Laden, der keine großen Gewinne abwirft und in dem letztendlich immer noch diese alten Vereinsmeier vom TSV das Sagen haben?
Und in dieser Situation kommt nun Kölmel zu ihm: Hör mal, Florian, wir müssen jetzt weitere Kohle in die Laden pumpen, denn ich will unbedingt in die 2. Liga. Meise wird vermutlich sehr trocken fragen: Und was habe ich davon, dich in die 2. Liga zu bringen? Nee, lass mal Alter, ich warte erst mal ab, wie sich die Lage entwickelt.

Aber irgendwann wendet sich das Blatt: 50+1 wird abgeschafft! Eine Revolution bahnt sich an, von überall her machen sich Spekulanten über die Klubs her; die Preise explodieren. Sich in dieser völlig neuen Situation schon Jahre vorher für eine überschaubare Summe eine 80-Prozent-Option auf einen Traditionsklub mit schönem Stadion und guter Fanbasis gesichert zu haben, erweist sich nun plötzlich als ganz cleverer Schachzug. Die GmbH, die der blöde e.V. für eine paar symbolische Euronen verscherbelt hat, ist plötzlich ein allseits begehrtes Spekulationsobjekt mit besten Chancen auf gewinnbringenden Weiterverkauf.

Aber ach, da war doch noch was: Die Option auf die 80 Prozent und die Alleinherrschaft in der GmbH haben die Spekulanten ja noch gar nicht. Man hat sich damals ja dummerweise darauf eingelassen, dass man im Fall der Fälle noch mal die Mitglieder befragt. Wieder wird eine 75-Prozent-Mehrheit gebraucht. Aber die Voraussetzungen haben sich geändert: Die Alemannia ist längst ein solide geführter Drittligist geworden, der zwar gern aufsteigen würde, aber keinen Zeit- und auch keinen Gelddruck hat, sondern in Liga 3 geduldig daran arbeitet, dass er den nächsten Aufstieg irgendwann aus eigener Kraft schafft. Also denken die Mitglieder gar nicht mehr daran, dem totalen Ausverkauf zuzustimmen...und die Spekulanten hätten mit Zitronen gehandelt.

Genau deshalb ist ein schneller Aufstieg ohne 50+1-Wegfall und ohne feste 80-Prozent-Option aus Investorensicht nicht erstrebenswert. Diese beiden Punkte sind für die Spekulanten von fundamentaler Bedeutung, wenn ihr Kalkül aufgehen soll.

Viel besser kalkulierbar und viel kostengünstiger ist es, wenn die Alemannia die Wartezeit bis zum Wegfall von 50+1 nicht in der 3. Liga, sondern in der RL verbringt. Deshalb macht es auch Sinn, die ersten vier Millionen nicht gleich voll in die Operation Aufstieg zu pumpen, sondern sie in kleinen Raten über mehrere Jahre hinweg zu investieren und den Verein erst mal in der RL schmoren zu lassen.

Fällt 50+1 in zwei, in drei oder in fünf Jahren und hat man die 80-Prozent-Option in der Tasche, dann wird man sicher auch richtig Gas geben und richtig Kohle für den schnellen Weg nach oben lockermachen - aber eben erst in zwei, in drei oder in fünf Jahren und nicht schon jetzt.
Möglicherweise wird man sich unter diesen Voraussetzungen sogar auf eine weitere Mitgliederbefragung einlassen. Denn nach weiteren drei, vier öden RL-Jahren wären es viele wohl so leid, dass sie allem zustimmen würden, wenn es nur endlich wieder aufwärts ginge.

Das ganze Konstrukt ist also auf den Wegfall von 50+1 und den Erwerb der absoluten Mehrheit ausgelegt. Die auf englische Verhältnisse wartenden Investoren scheinen sich sehr sicher zu sein, dass dies in Bälde bzw. spätestens innerhalb der nächsten fünf Jahre passiert. Diese Annahme ist das eigentliche "spekulative Element" in ihrem Geschäftsmodell.

Apropos England, das hier von manchen als leuchtendes Vordbild dargestellt wird: Dort geben sich die Spekulanten eben nicht mit 49,9 Prozent zufrieden und lassen sich auch nicht auf irgendwelche hinderlichen vertraglichen Vereinbarungen mit den Klubs ein. Die ganze Kiste funktioniert nur, weil die Klubbesitzer ohne Rücksicht auf Fans und Mitglieder schalten und walten, kaufen und verkaufen können. Und genau so wird es auch bei uns kommen.

Aber auch Spekulanten können sich natürlich schon mal verzocken. Wie sie reagieren werden, wenn 50+1 wider Erwarten nicht innerhalb an angepeilten Frist fällt, ist die spannende und gefährliche Frage für uns: Wird Kölmel einen Plan B aus der Tasche ziehen und versuchen, uns auf andere Weise hochzubringen? Oder wird man das überschaubare Vier-Millionen-Invest einfach als Verlust abschreiben, Darlehen zurückfordern, sich zurückziehen und die schlachtreife Gmbh sich selbst überlassen?
Deinem ausgezeichneten Rat, mitzudenken bin ich dankend gerne nachgekommen.

Und es hat zu der einzigst logischen Erklärung geführt, du bist ein Hellseher historischen Ausmaßes, zudem bist du der geborene Spekulant, und wenn dies alles nicht zutreffen sollte, bleibt immer noch das wahrscheinlichste: wir haben in Dir endlich einen legitimen Nachfolger für die Gebrüder Grimm gefunden.
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