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Alt 05.01.2015, 03:23
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Zitat von Oche_Alaaf_1958 Beitrag anzeigen
Ähem, fragt sich nur, warum in 23 europäischen Nachbarländer seit vielen vielen Jahren Mindestlöhne prima funktionieren, vor allem in den nordischen u. skandinavischen Ländern, und wieso hier jetzt, nachdem endlich nachgezogen wird, angeblich der wirtschaftliche Notstand ausbrechen soll. Ist nicht mehr als Panikmache gewesen, um anständige Löhne für anständige Arbeit zu verhindern.
Das mit dem Argument anständige Löhne für Anständige Arbeit ist aber halt leider auch viel zu einfach argumentiert.

Das Problem fängt doch schon mit der Definitionsfrage an: "Was ist überhaupt ein anständiger Lohn?"

Dass Menschen die in Entwicklungsländern oder Schwellenländern für Löhne von unter 1 Euro pro Woche arbeiten um Konsumartikel herzustellen die für das hundertfache über die Ladentheke gehen ausgebeutet werden ist sicherlich unbestreitbar jedem klar.

Aber wieso sollte man nun ausgerechnet genau 8,50 pro Stunde als Mindestlohn in Deutschland festlegen?

Bei einer 35 Stundenwoche kommt da im Monat am Ende schließlich in der Tat so einiges bei rum, was millionen von selbstständigen Restaurantbetreibern, Ladenbetreibern, Taxiunternehmer, Ärzten und Rechtsanwälten auch erst einmal am Monatsende nach Abzug aller Kosten für sich selber über haben müssen! Und die selbstständigen riskieren dabei als Unternehmer über ihre Haftung nicht selten sämtliches hab und gut, was Arbeitnehmer ja nunmal so nicht tun.
Und wieso um Himmels Willen sollte der Staat bei Selbstständigen Unternehmern eine Selbstausbeutung zulassen, die bei Arbeitnehmern unterbunden gehört?

Solch ein Mindestlohn von 8,50€ liegt ja nunmal zumindest unter der Rahmenbedingung einer weitgehend üblichen Arbeitszeit von rund 35 Stunden pro Woche schon ganz erheblich über dem (in Harz 4 Sätzen oder auch bei der berechnung von Unterhaltsansprüchen oder Pfändungsgrenzen) gesetzlich festgelegten Existenzminimum.

Und inwiefern man nun berechtigter Weise noch von Ausbeutung von Arbeitnehmern sprechen kann, wenn ein Lohn bei durchschnittlicher Wochenarbeitszeit am Ende des Monats das Existenzminimum rundum absichert ist doch wohl durchaus kontrovers diskutierbar.

Was dabei nun allerdings wünschenswert und das Ideal für "angemessenen Lohn" von Arbeit sein mag - und was für ein minimaler Lohn noch "sozial gerecht" sein mag, ist sicherlich ein ganz anderes Thema als das Thema der reinen verhinderung von Ausbeutung und die Frage der Existenssicherung und der Wohlstandssicherung durch Arbeit.

Die Frage ist halt im Grunde doch in der Tat ganz einfach nur:
Wie sehr kann und soll ein nach marktwirtschaftlichen Prinzipien und Idealen organisierter Staat in die Lohnfindung gesetzgeberisch reinreden?
Was will und soll der Staat mit dem Mindestlohn denn tatsächlich und wahrhaftig erreichen?

- Etwa, dass Arbeitnehmer vor (angeblicher) Ausbeutung und Armut geschützt werden, die zudem, wenn ihr Monatseinkommen unterhalb des Existenzminimum landet auf das Existenzminimum aufgestockt werden?

Diese Argumentation halte ich dann doch für ausgesprochen dünn und fragwürdig, denn der Mindestlohn von 8,50€ pro Stunde dient doch wohl kaum alleine mehr nur der rechtlichen Absicherung des Existenzminimums von Arbeitnehmern, sondern dient (zumindest unter der Annahme einer durchschnittlichen und von Gewerkschaften verbreitet anerkannten und ausgehandelten Wochenarbeitszeit) in der Tat vielmehr der Sicherung von (über das Existenzminimum deutlich hinausgehenden) "Wohlstand" von Arbeitnehmern.

Das ist an und für sich so sicherlich auch nicht unbedingt prinzipiell oder grundlegend abzulehnen, das Arbeitnehmer auch so viel verdienen dass sich sich über das Existenzminimum hinaus Dinge leisten können und konsumieren können. Aber es widerspricht halt nun einmal doch in krasser Weise den marktwirtschaftlichen Grundprinzipien, wenn Mindestlöhne staatlich verordnet festgesetzt werden, die nicht alleine Ausbeutung von Arbeitnehmern (die ja in der Tat nicht selten auch recht krassen Formen annehmen) rechtlich unterbinden, sondern die eine staatlich verordnete "Wohlstandssicherung" von Arbeitnehmern darstellen.

Bei solch einem staatlich festgelegten Mindestlohn, welcher in der Höhe den Arbeitnehmern bei durchschnittlicher Wochenarbeitszeit deutlich mehr als das rechtlich zugestandene Existenzminimum an Einnahmen sichert, da werden nunmal auch gleichzeitig unweigerlich die Marktwirtschaftlichen Mechanismen und die Gewerkschaftshoheiten der Lohnverhandlungen ausgehebelt und unterwandert.

Das mag aus Volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten durchaus als gut oder schlecht bewertet werden und das mag man auch aus Gründen der sicherung des sozialen Friedens im Land für gut befinden.
Aber ein Mindestlohn ist nunmal dann, wenn die festgelegte Höhe und damit die Funktion des Mindestlohns nicht einzig und alleine die Unterbindung von (krasser) Ausbeutung ist, leider durchsaus ist ein zutiefst sozialistisches Regulationsmittel.

Und ob das in Deutschland im kontext der globalisierten Welt derzeit nun wirklich unbedingt so Weise ist, das ist sicherlich ausgesprochen kontrovers diskutierbar und sei mal dahingestellt.
Und Aquisgrans Beispiel von deutlichen Parallelen zur DDR ist da in der Tat gar nicht mal so ganz weit hergeholt.
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