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Alt 12.11.2008, 23:24
svenc
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Zitat von Big_mAC Beitrag anzeigen
Wer sich ein wenig intensiver mit der politischen Verfassung der Schweiz auseinandergesetzt hat, würde sich hier deutlich vorsichtiger äußern, als das hier getan wird. In Wahrheit wird durch die direkte Demokratie von kleinsten Minderheiten (wir reden hier von etwa 1,5 % der Bevölkerung) wichtiger politischer Fortschritt verhindert. Etwas, was man übrigens auch in der Schweiz schon erkannt hat.
korrekt.
Die Schweiz ist schließlich in gewissen Fragen noch sehr "hinterwäldlerisch".
Seit wann gibt es in der Schweiz das Wahlrecht für Frauen? Seit 1971! Das klingt doch sehr modern.. Und in der gesamten Schweiz (in allen Kantonen) gibt es das Frauenwahlrecht erst seit 1990!
Weiterhin war in der Schweiz lange Zeit das Recht auf Beteiligung an der Wahl an den Wehrdienst gekoppelt. Wer nicht "gedient" hat, durfte bei Volksentscheiden nicht mitmachen.
Das klingt hier eher nach NPD/NSDAP als nach wirklich demokratischen Bedingungen:
"Die Theorie der politischen Gleichstellung der beiden Geschlechter ist eine vom Ausland importierte Idee. An der Spitze der Frauenstimmrechtsbewegung in der Schweiz steht denn heute auch eine ursprüngliche Ausländerin.
Wir halten dafür, dass in diesen wichtigen Sachen eigentlich nur gebürtige Schweizerinnen den richtigen Einblick haben können; Leute also, die mit dem Wesen unserer Demokratie und unseres Volkes ganz vertraut sind."
Zitat: Emma Rufer, damals Mitglied in der "Liga gegen das politische Frauenstimmrecht"

Somit bitte nicht die Schweizer Verfassung als das "Non-plus-Ultra" der Demokratie bezeichnen. Dort gilt/galt noch meist die Regel "Frauen an den Herd, Männer an die Urne".

Volksentscheide bringen nur etwas, wenn sie an eine Mindestwahlbeteiligung gekoppelt sind. Bei Wahlbeteiligungen im Bereich von weniger als 50% der Wahlberechtigten droht die Gefahr massiver Verzerrungen zugunsten von sehr kleinen Minderheiten (wie Du das ja oben schon beschrieben hast).
Schaue Dir mal die Volksentscheide in der Schweiz und die Wahlbeteiligungen an. Und die Schweiz hat gerade mal knapp 8 Mio. Einwohner. Deutschland hat über 80 Mio. Die schon teilweise sehr niedrigen Wahlbeteiligungen in der Schweiz würden in Deutschland noch erheblich unterboten.

Nur mal als Beispiel für Deutschland:
In Bayern reichen 25% Ja-Stimmen der Wahlberechtigten aus, um eine Verfassungsänderung zu bewirken...

In Berlin reichen 7% (sieben) Ja-Stimmen der Wahlberechtigten bei einem Volksbegehren aus, um einen Volksentscheid stattfinden zu lassen, bei dem auch nur 20% der Wahlberechtigten mit Ja stimmen müssen, um ein Gesetz aufzuheben.

Nennst Du das wirklich Demokratie? Solche Entscheide stärken nur "aktive" Minderheiten, die es schaffen, alle ihre Mitglieder zur Wahl zu bewegen.

Gruss

svenc