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Alt 05.02.2014, 19:47
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Zeuge 4:

Frank Wettstein, 40, Wirtschaftsprüfer

Herr Wettstein wird von beiden Parteien von seiner Verschwiegenheitsklausel entbunden.

Er war bereits früher an Alemannia Prozessen beteiligt (Sanierungskonzept 2011, damals als Angestellter Rolffs & Partner), jedoch geht es heute um den Zeitraum Oktober 2012, indem er von der Alemannia GmbH (von wem genau will er trotz Nachfrage nicht preisgeben) beauftragt wurde, die Finanzsituation zu prüfen. Zwischen den Aufsichtsratssitzungen des 11.10.12 und 18.10.12 hat er die Zahlen geprüft und an mehreren Treffen teilgenommen. U.a. an Treffen eines „informellen Gremiums“ gemischt besetzt aus den beiden offiziellen Gremien des Aufsichts- und Verwaltungsrates mit Durchführungslokalität „Hause Kutsch“.

Er hat die finanzielle Situation als „äußerst angespannt“ vorgefunden. Er habe allerdings auch nur die Liquiditätsplanung mit der Kreditorenliste vergleichen können, in tiefere Kontrolle sei er nicht eingestiegen. So habe er die IBB-Linie beispielsweise nicht mit einbezogen in seine Berechnung „weil Herr Kraemer ihm gesagt habe, dass dies nicht gezogen werden könne“. Dies sei insbesondere darauf zurückzuführen gewesen, dass die IBB Bank durch die von Insolvenzgerüchten aufgeschreckte Presse ihrerseits verschreckt gewesen sei.

Herr Delheid fragt an diesem Punkt genau nach, beruft sich auf ein gemeinsames Telefonat von Anfang 2013, in dem Herr Wettstein ihm gegenüber schlichtweg vom „nicht Vorhandensein adäquat ankaufbarer Sponsorenpakete“ berichtet habe. Herr Wettstein bestätigt zwar das Telefonat, bestreitet aber den Inhalt diesbezüglich. Die Nichtberücksichtigung sei nur aufgrund der Verneinung des Herrn Kraemer nicht beachtet worden, eine weitere Prüfung dieses Umstandes sei nicht Umfang seiner Aufgaben gewesen. Herr Delheid betont erneut, dass er ihm in dem Telefonat etwas ganz anderes gesagt habe. Er verweist dabei auch auf seine Notizen, die er gerne beibringen könne. Herr Wettstein bestreitet dies erneut. Dieser Streitpunkt zieht sich einige Minuten, der Richter stellt zum Schluss fest, „dass Herr Wettstein dies ja nun schon insgesamt 3 Mal vehement bestritten habe“.

Delheid: „Haben Sie mit Herrn Kraemer Kontakt/telefoniert?“

Wettstein: „Ja.“

Delheid: „Haben Sie mit Herrn Heyen Kontakt/telefoniert?“

Wettstein: „Ja, auch zu Herrn Heyen.“

Der Richter verliest des Weiteren ein Zitat aus einem Aufsichtsratsprotokoll aus Oktober 2012, dessen Wortlaut leider nicht notiert wurde: Ein dort notiertes Zitat des Herrn Wettstein bestreitet dieser heute vor Gericht. Er bestreitet auf Nachfrage erneut dies so gesagt zu haben.

Schriftliche Unterlagen aus seiner Prüfungszeit lägen leider keine vor, lediglich eine E-Mail habe er geschrieben, ansonsten habe er mündliche den Aufsichtsrat informiert, regelmäßig auf jeden Fall Herrn Heyen.

Herr Delheid merkt an, dass dieses „regelmäßige Reporting“ in dieser einen Woche Prüfungsarbeit ja nicht häufig gewesen sein kann. Herr Delheid weist außerdem darauf hin, dass er seiner Meinung nach keine Befugnis hatte, aussenstehende Personen (gemeint z.Bsp. die bei den „informellen Gremientreffen“ anwesenden Mitglieder des Verwaltungsrats) über finanzielle Begebenheiten der Alemannia GmbH zu informieren. Dieses Thema wird abgebrochen, weil „nicht Gegenstand des Verfahrens“.

Ende Oktober gab es dann einen Aufsichtsratstermin, bei dem Herr Mönig und Herr Oshege als neue Vertreter der Insolvenzverwalter zugegen waren. Er konnte daraufhin seine Arbeit nicht beenden, denn sein weiteres Engagement war nicht gewünscht und eine abschließende Übergabe seiner Arbeit (nachher konkretisiert: Übergabe von Liquiditätsplanung und Kreditorenliste) fand statt.

Herr Kraemer bittet Herrn Wettstein doch zu bestätigen, dass Herr Mönig noch in der Aufsichtsratssitzung im Oktober 2012 gesagt haben soll: „Ich sehe keine Insolvenzreife vorliegen.“

Herr Wettstein möchte das so nicht bestätigen, erklärt, dass Herr Mönig die Situation zwar relativ entspannt dargestellt hätte, allerdings immer unter Vorbehalt seiner eigenen Untersuchungen. „Vor dem Ergebnis seiner eigenen Untersuchungen sehe er erstmal keinen Handlungsbedarf.“

Einschätzung der Zeugen:

Manuel Hartmann vom DFB belastet Kraemer ganz klar. Mehrfach sind gemeldete Zahlen nicht so eingetreten wie geplant, dabei kann er auch auf das schriftliche Protokoll des Finanzgespräches 09/2012 verweisen, in dem eben nicht von vorläufigen Zahlen die Rede ist. Dass dieses Protokoll von Seiten der Alemannia nicht geprüft worden sein soll, scheint mehr als fragwürdig. Diese „Geschichte“ bestätigt eher den Vorwurf von RA Delheid vom 1. Verhandlungstag in 2013, der damals zu Herrn Kramer sagte: „Sie waren entweder unfähig oder unredlich.“

Gerhard Frei hat als Unternehmensberater für Kraemer/Alemannia gearbeitet und war mit hauptverantwortlich für die faktisch falschen Lizensierungsunterlagen. Er beharrt darauf, Zahlen seien „unter Vorbehalt gewesen“ und spricht insgesamt eher „pro Kraemer“. Er zeigt Gedächtnislücken und gibt bei der Frage nach inhaltlicher Abstimmung mit Kraemer (Zitat: „hmmmm... nö!“) ein ganz schwaches Bild ab. Die Augenzeugen vor Ort bestätigen den Eindruck eines Mitverantwortlichen, der sich gerne so wenig wie möglich zu den Vorfällen einlassen möchte.

Thomas Hübner als Beteilgungscontroller der Stadt Aachen macht heute den „aufgewecktesten“ Eindruck. Ihm muss man nicht jedes Wort streitig machen, sondern er beantwortet die ihm gestellten Fragen ausführlich und mit „Zahlen, Daten, Fakten“. Obgleich er der Älteste der heute geladenen Zeugen ist, scheint sein Gedächtnis aber das Frischeste zu sein. Er belastet Kraemer stark, fühlt sich genauso wie der DFB schlecht und/oder bewusst falsch informiert und steht voll hinter der von der Stadt gestellten Strafanzeige.

Frank Wettstein kann sich als Wirtschaftsprüfer leider nur teilweise erinnern. Seine Ausführungen bezüglich Prüfung erscheinen mindestens fragwürdig, insbesondere durch die Angabe, keine Aufzeichnungen gemacht zu haben. Mündliche Berichterstattung an den AR respektive an Herrn Heyen persönlich erscheinen zwar möglich, passen aber nicht zur Erwartungshaltung des „normalen Zuhörers“ an einen hochgeschätzten Wirtschaftsprüfer. Ähnlich wie bei Herrn Frei ist die Glaubwürdigkeit spätestens in dem Moment in Frage gestellt, an dem er die schriftlichen Aufzeichnungen eines Aufsichtsratsprotokolls mehrfach bestreitet.

Mein Fazit des heutigen Tages:

Zwei der heute gehörten Zeugen sind neutral bzw. entlasten Herrn Kraemer. Spätestens in dem Moment, an dem schriftliche Dokumente aus damaliger Zeit vehement bestritten werden, leidet ihre Glaubwürdigkeit jedoch stark. Die Vertreter von Stadt und DFB dagegen belasten Herrn Kraemer stark. Der DFB hat ihn sogar bereits wegen „grob fahrlässigen Handelns“ verurteilt. Die Fertigstellung des Wirtschaftsprüferberichts im Auftrag der Insolvenzverwalter (Beurteilung des Zeitpunkts des Insolvenzeintritts) steht unmittelbar bevor und belastet Herrn Kraemer ebenfalls schwer. Diesbezüglich hat er sich bereits schriftlich eingelassen, die Beurteilung obliegt nun dem Gericht. Bei tatsächlicher Unsicherheit diesbezüglich müsste das Gericht seinerseits eine unabhängige Überprüfung durch einen eigenen Wirtschaftsprüfer anordnen.

Wie Herr Delheid aber zum Ende erneut bemerkte: Es reicht ein erfüllter Tatbestand aus, um die fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Sollte das Gericht also entweder beim Punkt „Insolvenzverschleppung“, beim Punkt „Täuschung des DFB“ oder bei einem der anderen Punkte, die an den Verhandlungstagen 1+2 verhandelt wurden (u.a. „Täuschung des Aufsichtsrats“), zu dieser Meinung kommen, muss es die Anklage abweisen und die fristlose Kündigung als rechtskräftig anerkennen. Die Wahrscheinlichkeit erscheint mehr als hoch, dass dies passiert. Den weiteren Verlauf wird die Öffentlichkeit nicht mitverfolgen können. Der öffentliche Teil der Verhandlungen ist nach der ca. 3½-stündigen Verhandlung des heutigen Tages heute Mittag für beendet erklärt worden. In verschiedenen Punkten haben nun beide Parteien die Möglichkeit, weitere Dokumente und/oder Stellungnahmen beizubringen. Die Frist hierfür beträgt 6 Wochen ab heute. Die (öffentliche) Urteilsverkündung wurde ebenfalls heute angesetzt: Am 16. April 2014, 09:00 Uhr in Raum D238 wird in der Causa „Kraemer vs. Alemannia Aachen“ das Urteil gesprochen.

Für unsere IG-Mitglieder, für die Mitglieder des Aachener TSV 1900 e.V. - und für alle treuen Fans unseres Vereins, Dirk Habets
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Geändert von IG (05.02.2014 um 23:44 Uhr)
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