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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Klassiker in neuem Gewand


webwolf
17.11.2010, 19:03
Ein Klassiker bleibt ein Klassiker – egal in welcher Liga und egal in welchem Stadion. Und im Fußball-Westen gehört die Paarung Alemannia Aachen gegen Rot-Weiß Essen mit Sicherheit zu den traditionsreichsten Begegnungen. Am kommenden Samstag, 21. November, stehen sich beide Vereine um 14.30 Uhr auf dem neuen Tivoli gegenüber. Zum Duell Vierter gegen Erster in der NRW-Liga werden knapp 2.000 Fans aus Essen erwartet, Alemannia erhofft sich eine ähnliche Resonanz der schwarz-gelben Fans. Dauerkarteninhaber haben freien Eintritt. Wir blicken vor dem Traditionsduell zurück in die Historie dieser Partie.

„Herrliches Hochsommerwetter, 2000 Essener Schlachtenbummler mit Fähnchen und sehr, sehr viel Fläschchen Bergmann-Limonade brachten eine fabelhafte Stimmung. Wir sahen ein technisch hochstehendes Kampfspiel, von der ersten bis zur letzten Minute, einen selten gesehenen Einsatz, wirkliches Können. Erst in der 70. Minute, als Münzenberg Gottschalk mal eine Minute los ließ, brachte dieser seinem Verein durch einen schönen Kopfball die Führung. Die Begeisterung der mit viel Trompeten blasenden und durch den oben gesagten Geist angefeuerten Essener war enorm. Der Tivoli kochte aber, als Schütt in der 88. Minute eine lange Vorlage Neßmanns annahm und mit einem kurzen Ruck den Ausgleich erzielte.“

So schilderte der Berichterstatter das erste Meisterschaftsspiel zwischen Alemannia Aachen und Rot-Weiß Essen am 3. Oktober 1948. Das letzte gewann die Alemannia am 22. April 2005 durch Tore von Erik Meijer und Emil Noll mit 2:0 an der Hafenstraße. Dazwischen liegen 70 weitere Meisterschaftsspiele zwischen beiden Vereinen, von denen die Aachener 24 gewannen und 34 verloren. Keine andere Mannschaft kämpfte öfter mit der Alemannia um die Punkte als die Rot-Weißen. Im DFB-Pokal gewann Alemannia zuletzt am 22.08.2004 mit 2:0 in Essen. Unser Foto zeigt einen der Torschützen Erik Meijer im Duell mit Bjarne Goldbæk (Foto: Jörg Bücken).

Die wichtigste Partie Alemannia – RWE gab es aber nicht in der Meisterschaft: Am 1. Mai 1953 behielten die Essener im ersten DFB-Pokalfinale nach dem Krieg im Düsseldorfer Rheinstadion knapp die Oberhand. Nach Toren von „Penny“ Islacker und WM-Held Helmut Rahn konnte der spätere Bundestrainer Jupp Derwall für die Alemannia nur noch auf 1:2 verkürzen. In Aachen in bester Erinnerung ist hingegen das 7:3 in der 2. Liga Nord 1979/80, als alleine Hubert Clute-Simon 4-mal traf. Der letzte Heimsieg der Alemannia (2:0 durch Tore von Dirk Lehmann und Frank Schlutter) liegt allerdings schon 18 Jahre zurück.

Oft ging es zwischen beiden Mannschaften hoch her, etwa 1963/64, als beim 3:2-Auswärtssieg der Alemannia Jupp Martinelli wegen Schiedsrichter-Beleidigung und Essens Hans-Günther Schaaf wegen Tätlichkeit des Feldes verwiesen wurden. Zwei Rote für Peter Sendscheid und Detlef Laibach und acht Gelbe Karten gab es in der 2. Bundesliga 1988/89, wobei Essens Trainer Hansgünter Neues die Gründe für die 3:1-Niederlage seiner Mannschaft ganz woanders suchte: „Was Landgraf heute geboten hat, war absolut laienhaft.“ Eine besondere Rolle spielte dabei stets die – leider nicht immer friedliche – Rivalität zwischen beiden Fanlagern. Kurz vor dem Abbruch stand das Spiel in der Oberliga West 1959/60, als der Aachener Dieter Gresens von einem Essener Steinewerfer am Kopf getroffen wurde.

Sportlich sind die großen Zeiten des Deutschen Meisters von 1955 jedoch vorerst vorbei, der Zwangsabstieg diesen Sommer war bereits der vierte seit 1984. Erstmals in die Fünftklassigkeit abgerutscht, sorgen die Essener Anhänger in der NRW-Liga für alle möglichen Zuschauerrekorde und logistische Herausforderungen für Gastgeber wie Hüls oder Wegberg-Beeck. Allein 7.387 Zuschauer sahen das Gastspiel der Sportfreunde Siegen an der Hafenstraße. Auch am Tivoli wird der eine oder andere Rekord wackeln. Die bisherige Bestmarke für ein NRW-Liga-Heimspiel (550 gegen Fortuna Köln 2008/09) wird in jedem Fall überboten werden. Wenn sich auch der Besuch auf Aachener Seite eher am Gegner als am durchschnittlichen Amateurheimspiel orientiert, ist vielleicht sogar der Pflichtspielrekord (4.897 gegen den VfB Stuttgart im DFB-Pokal 2006/07) in Gefahr.

Aus Essen werden genau wie 1948 rund 2.000 Fans erwartet. Bergmann-Limonade und Fähnchen werden sie auch diesmal im Gepäck haben. So viel hat sich in 62 Jahren dann doch nicht verändert.