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Alt 20.12.2009, 16:44
tsunamiAC tsunamiAC ist offline
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Ich finde, so manche Erklärungsversuche zur Problematik von einzelnen Spielertypen sind zu einfach.

Ob es bei einem Spieler gut oder schlecht läuft, ob z.b. ein Fiel mit seiner etwas langsameren, dafür aber auch absichernden Spielweise zum Gesamtgefüge passt, hängt ja nicht nur von diesen Spielern alleine ab, sondern auch davon, ob die Spieler zueinander passen. Wenn sich z.b. vorne niemand freiläuft, ist ein Fiel gezwungen, den Ball zu halten oder wieder nach hinten weiterzuleiten. Auch er macht sicherlich auch mal einen Schritt zu viel, aber das ist in der Summe doch nicht einmal entscheidend. Er ist durchaus in der Lage, den Ball sinnvoll weiterzuleiten. Nur leider brennen sich bei den Fans Fehlpässe und unnötig langsame und umständliche Spielweisen viel häufiger ins Gedächtnis als gute Aktionen. Trotzdem sollte man seine Vorteile auch nicht vergessen.

Verliert ein Abwehrspieler, der nach vorne gelaufen ist den Ball, müssen natürlich alle Spieler direkt auf den ballführenden Gegenspieler drauf. Gegen Duisburg wurde gezeigt, wie man dies richtig machen kann, wenn man nur eng genug am Mann ist und auch ohne Ball mitläuft und mitdenkt. Ist dies nicht so, ist dieser Abwehrspieler natürlich der Buhmann, da er ja den Ball verloren hat (was meistens immer blöd aussieht) und nun hinten fehlt. In solchen Situationen ist einfach die Mannschaft gefragt, sich schnell der neuen Spielsituation anzupassen. Denn auch wenn der nach vorne gelaufene Abwehrspieler eine unglückliche Flanke geschlagen hat, so hat er sich trotzdem meist sehr ordentlich und zügig nach vorne bewegt und ziemlich viel Kraft in seinen Zug investiert. Auch wenn der Ball verloren geht, darf diese Kraft aber nicht einfach verpuffen. Alle anderen Spieler, die auch mit nach vorne gelaufen sind, sind nun gefragt wie die Wahnsinnigen den Ball zurückzuerobern, und zwar schon in der gegnerischen Hälfte. Passiert dies nicht, weil jeder Spieler lieber dem verloren gegangenen Ball hinterhertrauert, sich ärgert oder ähnliches, müssen wieder alle nach hinten rennen, was ein weitaus größerer Kraftaufwand wäre. Ich will damit nur sagen, dass -Einzelspieler betrachtet- manchmal kein großer Unterschied zwischen Hui und Pfui liegt, sondern vieles bzw. alles von der Teamintelligenz abhängt.

Wie ist sonst zu erklären, dass es überall Spieler gibt, die eigentlich fantastisch gespielt haben, aber es in ihrer neuen Mannschaft einfach nicht zeigen können? Die haben nicht plötzlich das Fussballspielen verlernt, sondern das gegenseitige "Verantwortung übernehmen" hat sich einfach noch nicht eingestellt. Oftmals dauert es (auch in anderen Vereinen) über ein halbes Jahr, bis die neu verpflichteten Spieler so spielen, wie man es von ihnen erwartet. Das ist völlig normal! Auch ist man gezwungen das Risiko einzugehen und diesen Spielern in jedem Spiel neues Vertrauen zu schenken - bis dann endlich mal der Knoten platzt.

Ein Gueye z.b. hat schon bewiesen, dass er was drauf hat (schon lange bevor er überhaupt hier war). Ich fand es ziemlich schade, dass er in der Hinrunde auch schon ausgepfiffen wurde und teilweise schon so abgestempelt wurde, als könne er grundsätzlich keinen Ball annehmen bzw. jeden Ball verstolpern. Dass er dabei nie auf seiner besten Position gespielt hat, erscheint den Kritikern bedeutungslos zu sein, schließlich muss in jedem Spiel in dem es nicht läuft, ein Schuldiger gefunden werden. Gebt dem Jungen endlich seine Position, dann könnte er genauso einschlagen wie Auer letzte Saison. Was aber dann machen mit Auer? Zugegeben, gute Frage. Klasse Typ, aber leider sehe ich ihn im Moment zumindest nicht mehr vorne.

Um nun aber wieder aufs Thema zurückzukommen, zähl ich mal ein paar Gedanken auf:

1) Aachen kann es sich nicht leisten, das Potenzial eines Spielers nicht zu erkennen oder sogar verpuffen zu lassen (indem man ihn bewußt falsch aufstellt usw.). Ganz im Gegenteil, man kann nur dann die Nase vorn haben, wenn man dies besser macht als andere Vereine. Das geht nur durch akribische Arbeitsweise aller Beteiligten gepaart mit Sachverstand und Menschenkenntnis. Klingt alles recht viel: Ok, reduzieren wir es auf "logisches Denken", damit wäre auch schon geholfen.

2) Gute junge Spieler muss man länger binden. Nicht nur das, auch mannschaftlich "ein"binden. Hier muss man dem Wort "Planung" wieder seine eigentliche Bedeutung geben. Es muss Spieler geben, die ihre feste Position haben und immer genaustens wissen, was in einem Spiel je nach Situation zu tun ist. Keine Verwirrspiele, Notlösungen und Würfelspiele mehr. Nicht nur die Spieler betrachten, wo Verträge unmittelbar auslaufen, sondern auch Spieler wie z.b. Kratz länger einbinden. In jedem Spiel bringt er normalerweise frischen Wind und "Dampf" rein und das mit seinen jungen Jahren. Wie lange hat er noch Vertrag? Was passiert, wenn es sich weiter verbessert? Dann sind andere Vereine interessiert, die auch mehr Geld bieten, daraufhin ist der Spieler weg (mit dem man ordentlich hätte die Zukunft planen können). Was passiert mit älteren Spielern? Selbst wenn diese irgendwann wieder zurückkommen und "einschlagen" würden, so wäre trotzdem bald das Karriereende nahe. Dann spielt man vielleicht eine sehr gute Saison, danach ist aber schon wieder Ende Gelände. Man muss sich einen festen Kern schaffen, den man dann immer wieder punktuell verstärkt. Nur so kann man die Zukunft angehen, nur so dauerhaft konstanten Fussball gewährleisten.

3) Zu Punkt 2): Man kann nicht jeden jungen Spieler einbinden, weil eben nicht jeder das leisten kann, was man sich von ihm erhofft hat. Wie kann man also die einen von den anderen unterscheiden/herausfiltern? Indem man die, die regelmäßig gute und vielversprechende Leistungen bieten, auch regelmäßig spielen lässt und eben nicht wie es so gerne gesagt wird, langsam an die Mannschaft heranführen möchte. Kann man überhaupt ein junges Talent "verheizen"? Menschlich gesehen natürlich (siehe Deisler), da muss man natürlich aufpassen und Maßnahmen überlegen. Aber man verheizt doch niemanden, indem man ihn öfter aufstellt und ihn das zeigen lässt, was er gerne zeigen möchte. Aus einem Spieler, der schon in jungen Jahren lernt Verantwortung zu übernehmen, kann möglicherweise später auch ein echter "Typ" werden und sowas möchte man hier in Aachen sehen.

4) Wie soll die Zukunft denn überhaupt aussehen? Eben weil es so ist, dass auch gute neue Verpflichtungen Zeit (manchmal zu viel Zeit) benötigen, um richtig in Fahrt zu kommen, in welcher man aber schon hätte wertvolle Punkte einfahren können, muss man sich mal überlegen, ob es gut so ist, jedes Jahr die halbe Mannschaft auszuwechseln. Wie kann man das verhindern/begrenzen? Siehe Punkt 1 und 2.

5) Ausgabe eines Saisonziels. Wenns am Ende nicht reicht, drauf geschissen, Mund abputzen und danach versuchen. "In der oberen Tabellenhälfte mitspielen" ist viel zu schwammig ausgedrückt und verleitet in erster Linie zu Alibiaktivitäten, sowohl auf dem Platz als auch außerhalb. Wenn man eine Mannschaft hat, deren Qualitäten es zulassen positiv zu denken, dann sollte man auch das Ziel dementsprechend festlegen. Kein Spieler sollte denken, irgendetwas wäre ein Selbstläufer. In Aachen spielen zu dürfen, sollte wieder ein Anspruch sein, keine "schaun-wir-mal" oder "kommste-heut-nicht-kommste-morgen" - Notlösung. Und ja, es gibt auch Spieler, die keine Multimillionäre sind und auch Ziele vor Augen haben.

6) Ergänzung zu 5): Ich habe das Interview von Auer (fan-tv) gesehen. Ich will ihn nicht kritisieren oder sonst was, nur mal meinen ersten Eindruck schildern: Es klang so, als wüsste er nicht genau, wo es ihn bald hinverschlägt, ob er in Aachen bleibt oder nicht. Sein Laden (oder was er da noch hat) läuft gut, man braucht ja auch als Fussballer noch eine andere Absicherung für die Zukunft usw. Oder überhaupt und so. Und soll ich mal ganz ehrlich was sagen: Genauso spielt er derzeit auch, nichts halbes und nichts ganzes.
Interessant ist hier folgender Gedanke: Was kommt nach dieser Saison, was könnte sein? a) Er spielt und schießt wieder richtig viele Tore. Das reicht aber nicht mehr für einen Aufstieg oder Euphorie. Die Konsequenz: Er bleibt in Aachen, nächste Saison läuft ähnlich als diese, mal hui, mal pfui. Oder er will noch mal in die 1. Bundesliga und ist weg. Punkt. b) Gueye oder wer anders löst ihn vorne ab, er wird zu einem Ergänzungsspieler, findet sich damit nicht ab und ist dann auch weg.
Was wäre jetzt also besser, vorausschauend gedacht? Ich selbst wäre für b), einfach aus dem Grunde, dass Gueye ein großes Talent ist, jung, vielseitig einsetzbar (auch wenn ich ihn lieber im Sturm sehe) und noch lange für die Alemannia verpflichtet ist, man mit ihm also viel besser planen kann. Nur meine Meinung, bzw. Gedankenanstoß. Wäre schade, wenn ein Gueye auf der Bank oder auf der falschen Position versauert und die Zukunft von beiden (Auer UND Gueye) ungewiss bleibt. In der Situation ist nun einfach cleveres Denken und Beobachten angesagt (siehe Punkt 1 u. teilw. 2).
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